Der Opa – ein Enkel spielt Beerdigung
Volker, 39 Jahre, Vater des Zeremonienmeisters, Bad Homburg
Am nächsten Tag saßen wir als Familie gerade beim Frühstück und unterhielten uns über den Tag zuvor.
Die Beerdigung meines Vaters lag nun schon einen Tag zurück und er fehlte.
Frühstücken wie immer, am selben Ort – aber heute war alles anders.
Mein Neffe verschwand auf einmal. Wir hatten es nicht bemerkt und hörten aus dem Wohnzimmer Töne. Leise Töne, ganz zart, einige Tasten des Klaviers leicht angeschlagen und recht harmonisch für einen 6‑Jährigen, der noch nie Klavierstunden hatte.
Wir aßen weiter und dann kam er zurück, stellte sich in den Türrahmen des Esszimmers, hielt ein Buch in der Hand und sang nun einige Töne, ähnlich der Klaviermelodie.
Abrupt hörte er auf und begann:
„Heute nehmen wir Abschied von …“
Wir saßen immer noch beim Frühstück, doch jetzt zog die Beerdigung des Tages zuvor wieder ein und das Gespräch verstummte.
Mein Neffe verschwand wieder und leise traurige Töne in seiner eigenen Melodie erreichten uns.
Meine Mutter weinte und wir waren recht mitgenommen, als mein Neffe wieder im Türrahmen erschien mit seinem Buch und sang, verstummte, uns sah und sprach:
„Heute gedenken wir …“
In diesem Moment zog die Realität ins Haus.
Wir saßen noch einige Zeit beieinander und sprachen.